Erfolgreiche Unternehmen - so die reine Managementlehre - haben eine Mission, Vision, Werte sowie eine sich daraus ergebene unverwechselbare Unternehmenskultur. Kritiker halten hingegen die häufig blumigen Worte solcher weichen Fuhrungsfaktoren für austauschbar und nichtssagend. Wie schwierig dieses Terrain ist, zeigt die börsennotierte Sartorius AG aus Göttingen.
Beispiel Sartorius AG
Der Göttinger Laborausrüster war einer der großen Corona-Profiteure. Lag der Umsatz 2019 noch bei 1,8 Mrd. Euro, so schnellte er 2022 auf 4,2 Mrd. Euro hoch. 2023 sank der Umsatz dann wieder auf 3,4 Mrd. Euro. Auch der Börsenkurs stürzte ohne die Corona-Impulse ähnlich wie bei Biontech ab. Mittlerweile hat sich die Lage jedoch wieder etwas stabilisiert. Was beim 1870 vom Mechaniker Florenz Sartorius gegründeten Unternehmen geblieben ist, sind die die Aussagen zu den weichen Faktoren.
- Mission: Sie beschreibt in einem Mission Statement den Geschäftszweck des Unternehmens. Wofür ist das Unternehmen im Hinblick auf seine Stakeholder wie Aktionäre, Kunden, Mitarbeiter und die Öffentlichkeit grundsätzlich da? Die Sartorius-Mission klingt so: “Sartorius unterstützt Wissenschaftler und Ingenieure bei der Vereinfachung und Beschleunigung des Fortschritts in den Biowissenschaften und der Bioprozesstechnik und ermöglicht so die Entwicklung neuer und besserer Therapien und einer erschwinglicheren Medizin”.
- Vision: „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen“, so der etwas lästerliche Spruch vom früheren Bundeskanzler Helmut Schmidt. Doch so schlecht ist eine Vision nicht. Sie beschreibt, meist ein wenig blumig, aber immer motivierend, wo das eigene Unternehmen in Zukunft stehen möchte. Die Vision von Sartorius sieht so aus: “Wir sind ein Magnet und eine dynamische Plattform für Pioniere und führende Experten auf unserem Gebiet. Wir bringen kreative Köpfe für ein gemeinsames Ziel zusammen: technologische Durchbrüche, die zu einer besseren Gesundheit für mehr Menschen führen”.
Diese schönen Worte haben Sartorius nicht vor dem Umsatzeinbruch bewahrt. Das können Sie auch nicht. Sie sind eher eine generelle und inspirierende Leitlinie für die Belegschaft und Strategie.
Unternehmenskultur
Die schönste Strategie nutzt nichts, wenn Mitarbeiter/innen blockieren. Jede Veränderung hat immer etwas mit einem Kulturwandel zu tun. Die gelebten Werte, die sich z. B. in der Freundlichkeit, Kompetenz und Begeisterungsfähigkeit ausdrücken, sind in der heutigen Dienstleistungsgesellschaft entscheidend. Rituale, Artefakte und auch die Gestaltung von Arbeitsumgebungen sind Ausdruck der Unternehmenskultur.
Eine Unternehmenskultur lässt sich nicht auf Knopfdruck verändern. Möchten Sie z. B. in Zeiten der Digitalisierung Werte wie Modernität, Kreativität, Innovationskraft und Risikobereitschaft in Ihrem Unternehmen stärken, ist es wichtig, miteinander in den Dialog zu treten und ein gemeinsames Verständnis von der Zukunft zu entwickeln. Haben Sie Ihre Unternehmenskultur vor dem Hintergrund der digitalen Herausforderungen neu formuliert, müssen sie für Ihre Mitarbeiter erlebbar und nachvollziehbar sein. Schöne Worte und Hochglanzbroschüren allein genügen nicht. Geschäftsführung und Führungskräfte müssen sie authentisch vorleben. Taten zählen mehr als Worte. Das wird beobachtet und nachgelebt.
Rituale sind notwendige Elemente der Unternehmenskultur und geben in Veränderungsprozessen Halt und Orientierung. Sie entwickeln sich aus der Tradition heraus. Sie können sie aber auch bewusst neu einsetzen, um eine Änderung zu signalisieren. So können Sie z. B. ineffiziente Sitzungsroutinen durch kurze Meetings im Stehen aufbrechen. Oder schaffen Sie durch räumliche Umgestaltungen offene und kommunikative Treffpunkte mit der Möglichkeit zufälliger Begegnungen und Gespräche. Feiern Sie Unternehmenserfolge regelmäßig durch Auszeichnungen und aufbereitete Geschichten, die man sich „am Lagerfeuer des Unternehmens“ lange erzählen kann und die in die Unternehmenstradition eingehen können. Sorgen Sie durch Rituale dafür, dass das Besondere und die Alleinstellungsmerkmale Ihres Unternehmens immer allen präsent sind.
