Bürokratiewelle im Mittelstand

Rechtliche ESG-Hürden

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Die rechtliche EU-Bürokratiewelle bewegt sich bedrohlich auf den deutschen Mittelstand zu. Unter der ESG-Flagge wird nun eine Gesetzesinitiative nach der anderen umgesetzt. Im Brennpunkt momentan stehen das Lieferkettengesetz und die Nachhaltigkeitsberichterstattung (European Sustainability Reporting Standards). Landauf landab gibt es dazu nun jede Menge Info-Veranstaltungen von Kanzleien.

ESG-Ziele über alles

Unter ESG versteht man dabei die Ziele Environment (Umwelt), soziale Aspekte (Social) und mit Blick auf Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion eine verantwortliche Unternehmensführung (Governance). Den konzeptionellen Überbau dafür wiederum bildet die UN-Agenda 2030 mit ihren 2015 verabschiedeten 17 Zielen. Der deutsche Mittelstand kommt an der politisch gewollten grünen Transformation der Wirtschaft nicht mehr vorbei. Die Produkte, Produktion und Prozesse von Unternehmen müssen sich an den ESG-Zielen ausrichten. 

Lieferkettengesetz

Das neue Lieferkettengesetz, genauer das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz (LkSG) ist erstaunlicherweise eine deutsche Initiative, die erst später von der EU aufgegriffen wird. Es zielt darauf ab, die Menschenrechte weltweit zu verbessern, indem Unternehmen verantwortungsvolle Lieferketten sicherstellen müssen. Zu den Sorgfaltspflichten gehören z. B. Nichtdiskriminierung, faire Entlohnung, anständige Arbeitszeiten, keine Kinderarbeit, Recht auf Tarifverhandlungen, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, Umweltschutz etc. Das Gesetz orientiert sich an den UN-Richtlinien (Guiding Principles on Business and Human Rights).

Es gilt zwar zunächst nur für Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten. Ab 2024 wird es dann auf Unternehmen ab 1.000 Beschäftigten ausgeweitet. Doch auch kleinere Unternehmen können davon schon heute betroffen sein, wenn sie Unternehmen mit mehr als 3.000 (1.000) Mitarbeitern beliefern. Denn Unternehmen, die dem Lieferkettengesetz größenbedingt unterliegen, werden auch von allen Lieferanten entsprechende Maßnahmen üblicherweise im Rahmen eines Verhaltenskodex (Code of Conduct) verlangen. Über diesen Trickle-Down-Effekt sind dann irgendwann alle Mittelständler bereits heute mittelbar betroffen. Solche Verträge müssen analysiert, geforderte Präventionsmaßnahmen umgesetzt und Mitarbeiter geschult werden. Das alles kostet Zeit und Geld. 

Nachhaltigkeitsberichterstattung

Doch das ist noch nicht alles. Nach dem EU-Vorschlag für eine Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) müssen betroffene Unternehmen nach den European Sustainability Reporting Standards in ihren Geschäftsberichten darlegen, wie nachhaltig sie im Hinblick auf die Umwelt und Gesellschaft arbeiten. Aber das reicht nicht. Sie müssen auch offenlegen, wie nachhaltig ihre Zulieferer über die gesamte Wertschöpfungskette arbeiten. Die neue Richtlinie betrifft ab 2026 auch Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern. Das sind in Deutschland rund 15.000. Dagegen laufen im Moment die nationalen Wirtschaftsverbände Sturm und versuchen, noch Erleichterungen durchzusetzen. Sie argumentieren, dass der Mittelstand seine Zeit besser für Innovationen und Marktwachstum einsetzen sollte.

Höchste Zeit also, sich mit diesen ESG-Regeln zu beschäftigen. Doch es kommt noch mehr. So arbeitet die EU aktuell an einer Neufassung der EU-Gebäuderichtlinie. Die kürzlich von der Bundesregierung verabschiedete Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) erhält dann Verstärkung. 

Master Michael 4/23, zusammengestllt aus mehreren Texten und neu ergänzt.

Copyright: BPF Best Practice Forum GmbH 

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